Biologe Norbert Jorek im InterviewWreckdiving in Aqaba
Ziele

Lichtspiele

Inmitten des Welthafens von Antwerpen findet man ein einzigartiges Stück Natur: den Teich von Ekeren – ein Süßwassertauchparadies.

Es ist noch immer früh am Morgen, als ich unter der Plattform im flachen Wasser die ersten Fotos mache. Das Blätterdach der Bäume spaltet die Sonnenstrahlen, die, durch die Wasseroberfläche gebrochen, aus den Stufen der Einstiegstreppe eine fast feenhafte Kulisse machen. Die Unterwasserakteure lassen nicht lange auf ihren Auftritt warten. Ein Haubentaucher schießt an mir vorbei, ein Schwarm kleiner Barsche – vorbei an den mit grünen Algen dicht bewachsenen Ästen, welche der Unterwasserlandschaft des belgischen Sees die Atmosphäre eines geheimnisvollen Märchenwaldes verleihen. Im kristallklaren Wasser blicke ich nach oben und es scheint, als ob hier sogar die visuelle Grenze zwischen Wasser und Oberfläche verschwimmt. Ein sagenhafter Ort.

Zur Person

Filip Staes

Der Belgier Filip Staes taucht seit 1992 und begann seine Fotografenkarriere 1998 mit einer Motomarine. Seitdem hat er bei vielen Wettbewerben Auszeichnungen erhalten - zuletzt »Best of Show« beim renommierten »Beneath the Sea« Wettbewerb. Derzeit bannt er seine Fotos auf den Chip einer Nikon D7100.

Geschichte

Wenn man heute vor dem See steht ist es kaum zu glauben, dass die Erde auf der man steht, einst den Grund des Meeres darstellte. In der Urzeit, bis vor etwa 2,6 Millionen Jahren, lag der Meeresspiegel rund 50 Meter höher. Bis vor etwa fünf Millionen Jahren durchstreifte so auch der Megalachus megalodon, der mit einer Länge von 18 Metern größten Hai aller Zeiten, die Gegend um das heutige Antwerpen – und noch heute kann man mit viel Glück einige seiner Überreste im See finden.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Boden aufgegraben, um das Fundament eines neuen Bahnhofs zu gießen. Zwei Seen entstanden und dienten als Wasserquelle für die Dampflokomotiven. Der größere der Weiher, in dem heute getaucht wird, hatte ursprünglich eine Tiefe von sieben bis neun Metern. Später wurde der See bei der Konstruktion einer Autobahn noch tiefer ausgegraben. 1997 schloss AVOS (eine Vereinigung von Tauchclubs aus Antwerpen) ein Nutzungsabkommen mit der Stadt Antwerpen und erhielt die Erlaubnis, im westlichen Teil des Sees zu tauchen.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Boden aufgegraben, um das Fundament eines neuen Bahnhofs zu gießen. Zwei Seen entstanden und dienten als Wasserquelle für die Dampflokomotiven.

Haizähne

Schon viele Taucher haben seitdem ihre ersten Flossenschläge im See von Ekeren gemacht, denn sein klares Wasser macht ihn zu einem idealen Übungsort für Tauchkurse. Ein einfacher Sprung ins Wasser von der Plattform bringt einen direkt ins Geschehen. Alternativ kann man über Stufen ins Wasser ein- oder aussteigen. Nahe dem Ufer erwarten uns Wassertiefen zwischen sechs und neun Metern. Die Mitte des Sees liegt in 21 Metern Tiefe; dort ist der Grund mit Schlamm und Schlickablagerungen bedeckt. Am schönsten sind die eindrucksvollen »Drop-Offs« die den See umziehen. In ihren steil abfallenden Wänden kann man fossile Muschelschalen finden und, mit etwas Glück, die bereits erwähnten Haifischzähne. Die Muscheln mit aus dem Wasser zu nehmen ist jedoch unmöglich. Sobald sie mit der Oberflächenluft in Berührung kommen, zerfallen sie in kleine Teile. Die Sprungschicht ist beim Abtauchen deutlich spürbar; die Temperatur nimmt mit fast jedem Tiefenmeter ab. Am Seegrund beträgt die Temperatur dann nur noch vier bis sechs Grad Celsius – sogar im Sommer.

Lichtspielerei

Im Mai beginnen im flachen Uferbereich die Wasserpflanzen zu sprießen, Schulen von jungen Barschen kommen aus ihrem Versteck heraus. Das Wasser klärt sich und die Sichtweite verbessert sich drastisch. An verschiedenen Plätzen nah des Ufers kann man ins Wasser gestürzte Bäume finden, die mit Algen überwachsen sind – ein großartiges Fotomotiv an sonnigen Tagen.

Eine Weitwinkellinse mit kurzer Verschlusszeit, etwa 1/125, ist ideal um die Sonnenstrahlen im Hintergrund einzufangen.

Nur zehn Meter von der Plattform entfernt, findet man einen umgefallenen Baum, dessen Stamm sich teilweise über der Wasseroberfläche befindet: der Lieblingsplatz der Enten oder auch einer Wasserschildkröte. Dabei gehört einiges Geschick dazu, sich letzterer zu nähern ohne sie zu verscheuchen.

Die Wasserpflanzen erreichen ihre maximale Höhe im Sommer und bieten dann ein ideales Versteck für Unterwasserbewohner wie Süßwassermuscheln, Schnecken und Hummer. Hechte, Aale, Barsche und Karpfen bevölkern den Teich. Auch Überwasser blüht die Natur: Libellen im Paarungstanz, Nektar schlürfende Bienen und Kreuzspinnen sind nur einige Beispiele warum man die Makro-Linse auf keinen Fall vergessen sollte.

Moostierchen-Kolonie

Optisch reizvolle Moostierchen findet man in Kolonien auf Ästen und Wasserpflanzen. Erst wenn die Wassertemperatur über 15 Grad steigt, beginnen diese sich zu entwickeln. Bei genauerer Betrachtung erkennt man einzelne Polypen, die Zoïds genannt werden. Jeder Polyp hat einen hufförmigen Tentakelkranz mit 80 bis 100 Tentakeln, mit denen die Zoids Plankton fangen.

Ein paar kleine Objekte wurden von Tauchern im See platziert um den Tauchplatz attraktiver zu machen – ein großer Diskussionspunkt, denn das Unterwasserleben ist für sich allein schon wunderschön.

Nachttauchgänge sind sehr empfehlenswert, da man nach Sonnenuntergang mehr Fische beobachten kann als tagsüber. Wie im Meer nutzen Raubfische wie der Hecht nachts das Licht der Tauchlampen, um ihre Beute auszumachen. Hätten sie aber eigentlich nicht nötig. Nahrung finden sie hier genug.

 

 

Reiseinfo

Anreise: Im Auto erreichen Sie den See von Ekeren nach 15-minütiger Fahrt von Antwerpen. Halten Sie sich am Autobahnkreuz Antwerpen rechts und folgen den Schildern Richtung Ring Antwerpen/Breda. Sie folgen der E19 zum Kreuz Antwerpen-Noord, biegen auf die A12 ein und nehmen die Ausfahrt 16 nach Ekeren. Weiter geradeaus führt die N180 nach Noorderlaan. Der Weg Ekersedijk geht nach etwa 2,7 Kilometern rechts ab. Adresse: Ekersedijk, 2030 Ekeren, Belgien.
Alternativ zur Autofahrt nach Belgien können Sie ab Frankfurt direkt zum Antwerp Airport in Deurne fliegen. Weitere Informationen auf www.visitantwerpen.be.

Wichtig! Um an den »Teichen von Ekeren« zu tauchen, benötigt man eine Genehmigung der Behörden, die in Form von Ein- oder Drei-Jahres-Lizenzen, sowie Tagespässen erstanden werden kann. Antragsformulare für Einzelpersonen oder Vereine sind online erhältlich. Fragen zur Lizenzerteilung senden Sie per E-Mail an vergunningen(at)avos.be.


Weitere Infos: Für weitere Informationen zum See wendet man sich an den Sekretär des AVOS, Ralf Balduck, Tel. (00 32-4 75) 475 459, E-Mail: secretariaat(at)avos.be, www.avos.be.

Tauchbasis Subnauta

Tauchen: Am See selbst befindet sich keine Tauchbasis, eine Liste der zahlreichen Tauchschulen in Antwerpen finden Sie aber auf www.avos.be/site/clubs.php. Getaucht wird täglich, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Nachttauchgänge muss man eine Woche im Voraus ­anmelden.