Interview
Norbert Jorek ist Biologe und hat NaturaGart in den 1970er Jahren gegründet - zunächst als Redaktionsbüro, später kam der Vertrieb für Teichanlagen und für viele Gartenprodukte hinzu. Jorek taucht seit über 30 Jahren und hat aus der Erfahrung mit tropischen Riffen im Unterwasserpark die Kulisse für ideale Taucherlebnisse nachgebaut. Besonders deutlich wird das bei den Lichteffekten in den Höhlen, der Tempelszenerie und dem Kontakt mit den Stören. Jorek stand uns für ein Gespräch Rede und Antwort.
unterwasser: Warum wurde der Unterwasserpark in den letzen Jahren zum Problem?
Norbert Jorek: Niemand hat je zuvor sich an einem solchen Projekt versucht. Normalerweise bauen unsere Kunden Teiche mit einem Fassungsvermögen zwischen 20 und 500 Kubikmetern. Im Unterwasserpark sind allerdings 35.000 Quadratmeter. Normale Fischteiche laufen drei- bis fünfmal pro Tag über die Filter. Das wird bei einer derart großen Wassermenge unbezahlbar. Wir filtern jetzt im Unterwasserpark 10.000 Kubikmeter pro Tag. Das ist auch schon eine Herausforderung.
unterwasser: Es seit langem einen Maßnahmenplan. Warum hat die Umsetzung so lange gedauert?
Jorek: Die Lösungen entstehen bei solchen Projekten nie nur am Schreibtisch oder im Labor. Das ist ein Prozess, da muss man vieles ausprobieren, bis man die eleganteste und wirtschaftlichste Lösung hat. Am Anfang führt jedes Ergebnis erst einmal wieder zu neuen Fragestellungen. Da habe ich im letzten Winter viele kalte Tauchgänge gemacht, bis das Verfahren stand. Dann haben wir noch über 300 Tauchgänge gebraucht, bis wir die Lage im Griff hatten.
unterwasser: Was waren die wichtigsten Maßnahmen?
Jorek: Wir haben mit Hochdruckreinigern die riffähnlichen Felswände abgestrahlt. Dadurch ist die Seekreide zum größten Teil entfernt worden und lag als dicke Sedimentschicht auf dem Boden. Einen großen Teil dieser Strahlarbeiten haben wir von einem Ponton aus erledigt, mit Tauchern haben wir dann nur noch etwa 20 Prozent der Fläche nachgearbeitet. Das Sediment haben wir dann mit kräftigen Pumpen abgesaugt. Da verlieren wir natürlich bis zu einem Kubikmeter Wasser pro Minute. Das müssen wir – leider wieder mit etwas schlechterem Wasser - nachfüllen.
unterwasser: Kann man daraus Empfehlungen für andere Tauchgewässer ableiten?
Jorek: Die Problemlage ist grundsätzlich immer gleich. Wir haben es noch vergleichsweise einfach, weil wir durch die Foliendichtung des Sees keinen Grundwasserzustrom haben. Die meisten natürlichen Gewässer liegen in Senken oder ziehen als Baggersee das Grundwasser aus benachbarten Flächen an. Dadurch steigt das Nährstoffniveau, dadurch entsteht mehr Sediment am Boden, und jeder Flossenschlag eines Tauchers vergrößert dann das Problem.
unterwasser: Was passiert dann genau?
Jorek: Normalerweise wird das Sediment zur Geschichte des Sees. Der Schlamm ist bestenfalls auf den obersten Millimetern belebt, darunter ist er frei von Sauerstoff und deshalb schwarz. Der Schlamm ist aber wie ein Komposthaufen im Garten – er enthält viele Nährstoffe aus runtergerieselten Organismen. Ein Teil dieser Nährstoffe, besonders das Phosphat, löst sich beim Aufwirbeln sehr schnell im Wasser auf und ermöglicht sofort eine Algenvermehrung. Neben den Schlammpartikeln ist also die Algendüngung das Problem. Man erlebt daher immer wieder, dass gern besuchte Tauchseen, im Laufe der Jahre immer schlechtere Sichtweiten bekommen. Je flacher sie sind, desto größer ist das Problem.
unterwasser: Bleibt der NaturaGart Unterwasserpark jetzt auf diesem guten Sichtweitenniveau?
Jorek: Wir haben das Nachfüllwasser im Griff, wir sind bei allen Nährstoffen auf Null, wir haben das Sediment aus dem See. So gut war die Lage noch nie. Im nächsten Winter gibt es noch einen weiteren Durchgang – bis April sollte der See dann fast wieder so sein wie bei der Erstbefüllung.
unterwasser: Welche Auswirkungen hat das auf die Tierwelt im See?
Jorek: In den ersten Jahren sind die Weißfisch-Bestände explodiert. Wir hatten Rotaugen-Schwärme von Tausenden von Fischen. Die haben uns natürlich auch alle Wasserflohbestände dezimiert, die in solchen Teichen auch wichtig sind für die Wasserreinigung. Wir haben dann Hechte, Barsche, Zander und Welse eingesetzt, denen es innerhalb von zwei Jahren gelungen ist, diese Massenvermehrung bei den Rotfedern zu stoppen. Inzwischen gibt es einen sehr ausgewogenen Fischbestand und natürlich die über zwei Meter langen Störe – die Stars des Unterwasserparks.
unterwasser : Sind jetzt alle Problemen gelöst?
Jorek: Mit dem Nachfüllwasser holen wir uns einen höheren Huminsäureanteil. Das führt zu einer leicht gelblichen Färbung, die in allen Seen vorhanden ist. Dieser Gelbstoff entsteht aus eingewehtem Laub – aber auch aus Seerosen-Blättern. Da wir viele Seerosen auf den Mauern des Unterwasserparks haben, entfernen wir im Laufe des Jahres kontinuierlich die gelben Blätter, denn die Färbung entsteht beim Übergang zu einem braunen Blatt. Der Rest wird im Spätherbst dann abgemäht. Der Gelbstoff macht in acht Meter Tiefe natürlich Lichtverluste, was auch wieder die Sichtweite beeinträchtigt. Die Huminsäuren lassen sich auf verschiedenen Wegen beschleunigt abbauen – aber das ist ein Thema für das nächste Jahr.
unterwasser: Rechnet sich das alles?
Jorek: Das ist für uns wie bei der Raumfahrt: Solche Extremprojekte produzieren Wissen. Davon profitieren jährlich Tausende von NaturaGart-Kunden, die hier z. B. ihren Teich kaufen. Insofern ist solch ein weltweit einzigartiges Projekt für das Gesamtunternehmen ein starkes Alleinstellungsmerkmal. Wenn wir in 30.000 Kubikmeter Wasser sechs Meter Sichtweite schaffen, dann funktioniert das mit 30 Kubikmeter trübem Gartenteichwasser auch. Diese Synergie-Effekte sind strategische Vorteile, die kein anderer Betreiber hat. Ohne das Know-how aus solchen Großprojekten wäre NaturaGart weniger innovativ und wahrscheinlich schon vom Markt verschwunden. Unabhängig davon gilt aber: Jeder Geschäftsbereich muss eigenständig schwarze Zahlen schreiben. Das gilt auch für den Unterwasserpark.
unterwasser: Bleibt das Tauchen bei NaturaGart dennoch bezahlbar?
Jorek: Auf Basis der Tageskarte kostet ein durchschnittlicher Tauchgang hier zehn bis 15 Euro. Wenn man alle Reisekosten umlegt, kostet jeder Tauchgang zum Beispiel in Ägypten das Zehnfache. Wir bieten dafür den Kontakt mit über zwei Meter langen Fischen, kombiniert mit Höhlen- und Wracktauchen. An Land ist es bei uns im Park unter dem 1500 Quadratmeter großes Glasdach so trocken und warm wie in den Tropen. Daher gibt es viele Taucher, die hier einen „Unterwasser-Tag“ genießen oder schnuppertauchen - zumal es für die nichttauchende Begleitung im Park und in unserem Aquarium auch nicht langweilig wird.
Ibbenbüren und der Unterwasserpark NaturaGart liegen am Fuße des Teutoburger Walds in Nordrhein-Westfalen, etwa 30 Kilometer vom Münster entfernt.
Anfahrt: Von Norden über die A1/A30, von Osten und Westen über die A30 bis Abfahrt Ibbenbüren. Dort , Autobahn Richtung Dörenther Klippen verlassen, über den Kamm des eutoburger Waldes fahren und im Tal nach rechts auf den Abzweig Rheine abbiegen. Von Süden kommend die A1 an der Abfahrt Lengerich verlassen, durch Brochterbeck bis OT Dörenthe fahren. Dann weiter Richtung Ibbenbüren und etwa 700 Meter weiter nach links Richtung Rheine.
NaturaGart: Das Unternehmen besteht seit über 35 Jahren und ist Marktführer bei Selbstbausystemen für große Teiche. Hauptsitz ist ein alter Gutshof, dessen Umfeld zu einer großen Parklandschaft umgestaltet wurde. Dort befindet sich neben der weltweit größten, künstlich angelegten Unterwasserlandschaft für Sporttaucher auch das größte Kaltwasseraquarium der Republik. Die zahlreichen Teiche im Park sind für NaturaGart ein Freilandlabor, in dem neue Produkte entwickelt werden. Das Unternehmen berichtet regelmäßig auf www.naturagart.tv über den Park, die Tiere und Pflanzen sowie neue Entwicklungen. Dort gibt es auch mehrere Videos über den Unterwasserpark und die Sanierungsmaßnahmen.
Kontakt: NaturaGart Unterwasserpark Betriebs-GmbH
Riesenbecker Str. 63-65
49479 Ibbenbüren
Tel. 054 51/59 34 621
E-Mail: unterwasserpark(at)naturagart.de
Website: www.naturagart-tauchpark.de/tauchpark
Öffnungszeiten und Preise unter http://www.naturagart-tauchpark.de/tauchen/zeiten-preise
Schnuppertauchen für Nichttaucher: Ein geführter Tauchgang mit theoretischer Einführung und kompletter Ausrüstung in Begleitung eines erfahrenen Tauchers kostet 99 Euro.